Happy End für Henriette – eine kleine Romanze.

Leseprobe Happy End für Henriette
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Happy End für Henriette

Finden Sie eigentlich auch, dass man mit sechzig Jahren schon uralt ist? Ich habe das ja nie so gesehen, aber meine Kinder – die reden mit mir, als stände ich mit einem Fuß im Grabe. »Mama, du in deinem Alter …«- so geht das in einem fort. Dabei fühle ich mich gar nicht alt. Die neue Lesebrille verleiht meinem Gesicht Charakter, und die paar Falten waren vor zwanzig Jahren auch schon da, wenn auch – ich gebe es ja zu – nicht ganz so tief. Dass das Kastanienbraun meiner Haare aus der Flasche kommt, ist heutzutage auch kein Problem mehr. Also – wenn mich nicht dauernd jemand daran erinnern würde, wäre mir persönlich mein Alter völlig egal. Ich habe sogar Schwierigkeiten, die richtige Zahl zu nennen, wenn mich jemand fragt. Früher, in den sogenannten »besten Jahren«, hatte ich mich gefreut auf die Zeit, wenn wir älter sein würden. Wenn alles mal ruhiger läuft. Wenn die Kinder aus dem Haus sind und wir all die Dinge tun können, für die Paare zwischen dreißig und vierzig nie Zeit haben. Endlich mal ausschlafen, zum Beispiel. Oder nie mehr Pommes mit Würstchen essen müssen. Vor allem aber wollte ich noch viel reisen. Wir wollten das. Ich wollte unbedingt einmal nach Indien, Jan lieber nach Norwegen, aber da wären wir uns schon einig geworden. Immer sagte ich mir: später. Da wusste ich noch nicht, dass mein Jan später nicht mehr dabei sein würde. Vor fünf Jahren ist er von mir gegangen. Herzinfarkt, der zweite. Er war gerade dabei, einen Mineralwasserkasten aus dem Auto zu heben. Tausendmal habe ich mich gefragt, warum er nicht zwei Minuten warten konnte, bis ich das mache. Aber er hat eben nicht gewartet. Und das war es dann. (…)

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